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Strafprozeßrecht, Strafrecht

[05.06.2024] Unentschuldigtes Fernbleiben des Angeklagten von Hauptverhandlung rechtfertigt grundsätzlich nur Vorführung und keinen Erlass eines Haftbefehls

Erlass eines Haftbefehls ohne Versuch der Vorführung nur in Ausnahmefällen

Bleibt ein Angeklagter unentschuldigt von der Hauptverhandlung fern, so ist grundsätzlich als milderes Mittel die polizeiliche Vorführung anzuordnen. Der Erlass eines Haftbefehls ohne den Versuch der Vorführung ist nur in Ausnahmefällen zulässig. Dies hat das Oberlandesgericht Nürnberg entschieden.

Dem Fall lag folgender Sachverhalt zugrunde: Gegen einen Angeklagten lief im Jahr 2024 vor dem Amtsgericht Weiden i.d.Opf. ein Strafverfahren wegen Beleidigung, Bedrohung, unerlaubten Entfernens vom Unfallort und Vortäuschung einer Straftat. Da der Angeklagte zur Hauptverhandlung nicht erschienen war, erließ das Landgericht einen Haftbefehl. Dagegen legte der Angeklagte Beschwerde ein. Er gab an, verschlafen zu haben. Er habe dies dem Gericht am Tag der Hauptverhandlung mitgeteilt. Das Landgericht Weiden wies die Beschwerde zurück. Dagegen richtete sich die weitere Beschwerde des Angeklagten.

Unverhältnismäßigkeit des Haftbefehls

Das Oberlandesgericht Nürnberg entschied zu Gunsten des Angeklagten. Der Haftbefehl sei unverhältnismäßig und damit rechtswidrig. Der Erlass eines Vorführungsbefehls sei ausreichend gewesen. Zwischen den in § 230 Abs. 2 StPO vorgesehenen Zwangsmitteln bestehe ein Stufenverhältnis. Grundsätzlich sei zunächst das mildere Mittel der polizeilichen Vorführung anzuordnen.

Erlass eines Haftbefehls nur in Ausnahmefällen

Der Erlass eines Haftbefehls komme in der Regel nur in Betracht, so das Oberlandesgericht, wenn der Versuch der Vorführung zum Termin gescheitert ist bzw. mit hoher Wahrscheinlichkeit auszuschließen ist, dass die Anwesenheit des Angeklagten durch eine Vorführung sichergestellt werden kann. Ohne eine Vorführung versucht zu haben, sei der Erlass eines Haftbefehls nur in seltenen Ausnahmefällen verhältnismäßig. Ein solcher Fall könne etwa vorliegen, wenn feststehe, dass der Angeklagte auf keinen Fall erscheinen will oder die Vorführung wahrscheinlich deshalb aussichtlos ist, weil der Aufenthaltsort des Angeklagten unbekannt ist oder die begründete Sorge besteht, dass der Angeklagte vor einer Vorführung untertauchen wird.

Erforderlichkeit einer detaillierten Begründung zum Erlass des Haftbefehls

Wenn das Gericht sofort zum Mittel des Haftbefehls greift, müsse nach Ansicht des Oberlandesgerichts aus seiner Entscheidung deutlich werden, dass es eine Abwägung zwischen der polizeilichen Vorführung und dem Haftbefehl vorgenommen hat. Die Entscheidung müsse tragfähige, schlüssige und nachvollziehbare Gründe enthalten. Daran habe es hier gemangelt.



OLG Nürnberg, Beschluss vom 19.03.2024Ws 188/24 -

Quelle: Oberlandesgericht Nürnberg, ra-online (vt/rb)


Vorinstanz:
  • LG Weiden, Beschluss vom 16.01.2024
    [Aktenzeichen: 2 Qs 2/24]

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